Darum wurde aus dieser deutschen Diamantenoase eine Geisterstadt
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Der verlorene Wüstenort der Millionäre
Die ehemalige deutsche Prachtsiedlung Kolmannskuppe in Afrika zählte einmal zu den reichsten Städten der Welt. Zu Boomzeiten Anfang des 20. Jahrhunderts wurden rund um den Wüstenort Diamanten im Überfluss geschürft, bis zu 11,7 Prozent der Weltproduktion. Die Kleinstadt bestand aus schicken Villen, hatte eine Eisfabrik und einen Kegelverein und das Krankenhaus beherbergte das erste Röntgengerät auf der Südhalbkugel. Doch dann verkam die Siedlung der Millionäre zur Geisterstadt. Klicken Sie sich hier durch faszinierende Bilder aus der vergessenen Diamantenstadt in der Namib-Wüste ...
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Der Diamantenrausch
Beim Verlegen von Gleisen für die Lüderitz-Eisenbahn in der Einöde der Namib-Wüste, die damals unter deutscher Kolonialherrschaft stand, stieß der Hilfsarbeiter Zacherias Lewala 1908 auf Diamanten. Der Fund löste einen regelrechten Diamantenrausch in Deutsch-Südwestafrika aus, der Hunderte Glücksritter anlockte. Die Einheimischen wurden vertrieben oder als billige Arbeitskräfte missbraucht, und bald entstand mitten in der Wüste eine florierende urdeutsche Siedlung.
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Die boomende Wüstenstadt
Die Diamantensucher nannten ihre Siedlung Kolmannskuppe, nach einem nahe gelegenen Hügel, auf dem der Transporteur Johnny Coleman 1905 mit seinem Karren in einer Düne stecken geblieben war. Bereits 1912 hatte die boomende Wüstenstadt eine Million Karat pro Jahr geschürft und die rund 340 deutschen Siedler sehr wohlhabend gemacht.
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Eine urdeutsche Oase im Nirgendwo
Bei der Architektur von Kolmannskuppe orientierten sich die Siedler an ihrer deutschen Heimat. Viele Häuser hatten zwei Geschosse und ein Giebeldach. Durch die Eisenbahn wurde der Ort mit Wasser versorgt, wodurch mitten in der Wüste schicke Gärten angelegt werden konnten. Sogar eine Art öffentliches Verkehrsmittel gab es, ein Taxi auf Schienen, das von Maultieren gezogen wurde. Zudem errichteten die Deutschen ein Schwimmbad.
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Die Einkaufsstraße
Die Ladenstraße von Kolmannskuppe bestand wie der Name schon sagt aus mehreren Läden, in denen die Siedler einkaufen konnten. Es gab ein Postamt, eine Bäckerei, einen Lebensmittelladen, mehrere Metzger und sogar eine Eisfabrik, die jeden Haushalt mit einem großen Eisblock pro Tag versorgte. Da der Ort sehr wohlhabend war, konnten sich die Einwohner den Luxus leisten.
Luxus pur
Der Lebensmittelladen und das angrenzende Wohnhaus der Ladenbesitzer sind heute ein Museum, das renoviert wurde. Der Laden hatte sämtliche Alltagsartikel im Sortiment und bot auch exotischere Waren an, darunter importierter Kaviar, Camembertkäse und Schokolade. Schließlich wurde das Geschäft damals von einer der reichsten Frauen des Landes geführt. Bezahlt wurde häufig mit Diamanten.
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Ein Röntgengerät gegen Diebe
Am Ende der heute verlassenen Ladenstraße befindet sich das ehemalige Krankenhaus von Kolmannskuppe. Früher war das Gebäude eine hochmoderne Einrichtung mit den neuesten medizinischen Geräten, die bis zu 200 Patienten aufnehmen konnte. Besonders beeindruckend für die damalige Zeit war das Röntgengerät – das erste in Afrika. Angeblich wurde es damals angeschafft, um die Arbeiter nach gestohlenen Diamanten zu durchleuchten.
Dekadente Behandlungsmethoden
Einer der beiden Ärzte von Kolmannskuppe, Dr. Kraenzle, soll Krankheiten angeblich mit Champagner und Kaviar behandelt haben. Den Überlieferungen zufolge verschrieb der Mediziner seinen Patienten gerne ein abendliches Glas Schampus und ein Butterbrot mit dem exquisiten Fischrogen. Das Krankenhaus hatte demnach sogar einen Weinkeller, in dem all die Flaschen Champagner aufbewahrt wurden.
Die Umbenennung in Kolmanskop
Heute versinkt das verlassene Krankenhaus im Wüstensand, der durch die zerbrochenen Fenster ins Gebäude eindringt. 1915, als die deutschen Kolonialherren in Deutsch-Südwestafrika von den südafrikanischen Truppen zurückgedrängt und besiegt wurden, ging Kolmannskuppe an die Südafrikanische Union. Der Diamantenabbau wurde aber nach dem Ersten Weltkrieg fortgesetzt. Kurz darauf erhielt der Ort offiziell den Namen Kolmanskop in Afrikaans.
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Die Unterkünfte der Arbeiter
Direkt gegenüber vom Krankenhaus befindet sich die frühere Pension der Stadt, in der unverheiratete deutsche Diamantensucher untergebracht gewesen sein sollen. Die rund 800 Hilfsarbeiter vom einheimischen Volk der Ovambo mussten dagegen Berichten zufolge in sehr bescheidenen Holzbaracken am Stadtrand leben. Inzwischen ist die ehemalige Pension fast bis zum oberen Türrahmen im Wüstensand versunken.
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Das Kasino mit Turnhalle
Das größte Gebäude der Siedlung war das Kasino mit Tanzsaal und Turnhalle. 1927 wurde für den Bau extra ein Stahlgerüst aus Deutschland importiert. In dem Freizeitkomplex tobte damals das Leben, es wurden Tanzveranstaltungen und Konzerte gefeiert. Heute ist das Gebäude eines der wenigen, die vor der Wüste gerettet werden konnten.
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Die Kegelbahn
In dem Veranstaltungssaal von Kolmannskuppe traten sogar Opernensembles aus Europa auf, was sich der Ort einiges kosten ließ. Hinzu kamen regelmäßige Shows des örtlichen achtköpfigen Orchesters und der Theatergruppe. In dem Gebäude gab es auch ein Restaurant, das mit einem riesigen Herd ausgestattet war, auf dem täglich 380 Mahlzeiten gekocht werden konnten. Für die Damen gab es eine Champagnerbar und für die Herren eine Zigarrenlounge, ganz zu schweigen von der beeindruckenden Kegelbahn.
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Die Eisfabrik
Die bereits erwähnte Eisfabrik von Kolmannskuppe war ein wahrer Luxus in der heißen Wüste. Mit der Eisenbahn wurde die Stadt mit Trinkwasser versorgt, wodurch die Fabrik nicht nur Eis, sondern auch leckere Limonade und andere Köstlichkeiten herstellen konnte. Während die deutschen Siedler diesen Luxus genossen, mussten die schwarzen Einheimischen dagegen mit wenig Trinkwasser auskommen. Die Eisfabrik von damals ist heute verfallen, allerdings wurden in den Räumen Werkzeug und einzelne Geräte zurückgelassen, wie auf diesem Bild zu erkennen ist.
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Die Straße der Millionäre
Auf dem Hügel hinter dem Kasino und der Turnhalle befand sich früher die Straße der Millionäre von Kolmannskuppe. Die zweigeschossigen Villen im Jugendstil mit Holzveranden, Balkonen, Erkerfenstern und Stuckverzierungen wurden von einem deutschen Architekten entworfen. In einer der prächtigsten Villen wohnte damals der Direktor der Diamantenmine, Hans Hörlein.
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Die renovierte Jugendstilvilla
Die Villa wurde vor Kurzem renoviert und wirkt heute wieder fast so prächtig wie zur Glanzzeit von Kolmannskuppe, abgesehen vom Wellblechdach und dem abgeplatzten Putz hie und da. Der Wüstensand wurde aus den Räumen entfernt, jedoch fehlen die schicken Möbel von damals.
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Das Haus des Architekten
In diesem Haus wohnte früher der Architekt der Stadt. Im Gegensatz zum Jugendstil der Villen ähnelte sein Anwesen einem neoklassizistischen Herrenhaus. Heute befindet sich das verlassene Gebäude in einem eher traurigen Zustand. Fenster gibt es keine mehr und die Badewanne steht heute draußen auf einer Sandwehe.
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Ein Leben in der Wüste
In diesem Raum, der vermutlich einmal das Wohnzimmer war, reicht der Wüstensand fast bis zur Decke. Die Einwohner von Kolmannskuppe müssen ständig damit beschäftigt gewesen sein, den Sand aus ihren Häusern zu fegen, aber sie passten sich an – und das auch in anderer Hinsicht. Eine Familie zum Beispiel, die gerne ein Haustier haben wollte, kaufte sich einen Strauß. Zu Weihnachten soll der Vogel einen Schlitten durch den Sand gezogen haben.
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Das Haus des Buchhalters
Neben dem Haus des Architekten steht das Haus des ehemaligen Buchhalters der Stadt. Der Größe der Villa nach zu urteilen, ging es auch ihm finanziell sehr gut. Das Gebäude versinkt zwar weniger im Sand als andere Häuser von Kolmannskuppe, doch hat der jahrzehntelange Leerstand seinen Tribut gefordert. Der Verfall ist deutlich zu erkennen.
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Verfallen und vergessen
Ein Teil des Wellblechdaches fehlt heute ebenso wie ein ganzer Raum im Obergeschoss des Hauses. Fenster gibt es im ganzen Gebäude schon lange keine mehr und auch die Eingangstür hängt kaum noch in den Angeln. An vielen Stellen hat der Sand den Putz von den Wänden gefressen und nur das bloße Mauerwerk übrig gelassen.
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Das Haus des Schulmeisters
Wie sehr die Wüste an den alten Gebäude zehrt, zeigt sich auch im früheren Haus des Schulmeisters. Viele Jahre lang lebte darin die deutsche Schulleiterin Fräulein Hussmann. Mit dem Fachwerkgiebel und der teilweisen Natursteinfassade muss das Haus einmal sehr charmant ausgesehen haben.
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Der verlorene Kampf gegen die Natur
Ein Blick in das heruntergekommene Gebäude zeigt, dass die Natur eindeutig ihren Kampf gewonnen hat. Wüstensand füllt diesen Raum fast bis zur Decke und hat eine faszinierende Düne geschaffen. Heute ist es fast unmöglich sich vorzustellen, wie der Raum einmal ausgesehen haben mag, als Fräulein Hussmann darin wohnte.
Von den Sanddünen verschluckt
Die Sanddünen haben das Haus fast vollständig verschluckt. Es wirkt sogar so, als könnte das alte Haus in den nächsten Jahren ganz von der Wüste begraben werden, wenn nichts unternommen wird. Das Dach ist bereits eingestürzt und mehrere Mauern sind verschwunden, nur die Fassade ragt noch aus dem Sand heraus.
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Das Haus des Quartiermeisters
Ein Haus weiter wohnte früher der Quartiermeister, ein Unteroffizier, der für die Versorgung von Kolmannskuppe verantwortlich war. Auch in dieser Villa hat die Wüste ihre Spuren hinterlassen.
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Der Glanz alter Zeiten
Sand bedeckt die Räume im Erdgeschoss, türmt sich aber noch nicht so hoch wie in einigen anderen Gebäuden. Die zarte Tapete im Jugendstil und die elegante Holztreppe erinnern noch an den Glanz alter Zeiten. 1928, ein Jahr nach der Fertigstellung des Kasinos und der Turnhalle, wurden südlich von Kolmannskuppe weitere üppige Diamantenfelder entdeckt.
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Der Niedergang von Kolmannskuppe
Zu jenem Zeitpunkt war die Diamantenmine in Kolmannskuppe langsam erschöpft und die Preise für die Edelsteine fielen. Immer mehr Menschen verließen den Ort und zogen weiter in den Süden, wohin sich die Diamantensuche verlagerte. 1956 verließen die letzten Einwohner die Siedlung und die Wüste begann, den Ort zurückzuerobern. Schnell drang der Sand in die leer stehenden Gebäude ein, so auch in das Haus des Chefingenieurs, das hier in seiner Blütezeit abgebildet ist.
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Von der Geisterstadt zur Touristenattraktion
Heute ist das Haus nur noch eine Ruine. Kolmannskuppe verkam zu einer Geisterstadt, die lange Zeit vergessen war. Erst seit 2002 führt der örtliche Reiseveranstalter „Ghost Town Tours“ Touristen durch die Siedlung. Seitdem ist die verlassene Diamantensiedlung eine Attraktion, die normalerweise rund 35.000 Besucher jährlich anzieht. Die gespenstisch wirkenden Häuser waren bereits in Filmen, TV-Serien und sogar in einem Modeshooting der „Vogue“ zu sehen.
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Die Rückkehr der Wüste
Doch die Wüste hört nicht auf, an den verlassenen Gebäuden zu nagen. Das Unternehmen „Ghost Town Tours“, das die Renovierung mehrerer Gebäude geleitet hat, schafft es gerade so, die Sandwehen in Schach zu halten. Es bleibt nur zu hoffen, dass der gespenstische Charme der ehemaligen Diamantenstadt, die trotz aller Widrigkeiten in der kargen Wüste florierte, erhalten werden kann.
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