Dank der modernen Unterwasserfotografie können wir wunderschöne, aber manchmal auch unheimliche Bilder von versunkenen Schiffen sehen und an Orte reisen, an die wir sonst vielleicht nie kämen. Viele Schiffswracks bieten heute dringend benötigte Lebensräume für Korallen und Meerestiere und sind gleichzeitig eine Touristenattraktion für Taucher. Andere Schiffe, die durch Kriege oder Unfälle versenkt wurden, können wir nur mit Hilfe von Roboterkameras erreichen. Ihre Bilder vermitteln geisterhafte Einblicke in stille Unterwasserwelten. So auch die neuesten Fotos von der „Titanic“ und Aufnahmen eines erst kürzlich in der „Schiffbruch-Passage“ entdeckten Schoners...
Das unter Seeleuten gefürchtete Meeresschutzgebiet Thunder Bay vor der Küste Michigans trägt nicht umsonst den Spitznamen „Schiffbruch-Passage“. Auf dem Grund der rund 11.000 Quadratkilometer großen „Shipwreck Alley“ im Huronsee liegen mehr als 100 historische Schiffe begraben, die wegen unbeständigen Wetters, dichter Nebelbänke oder felsiger Untiefen gesunken sind. Immer wieder tauchen neue Wracks in den Gewässeruntiefen auf. Besondere Aufmerksamkeit erregte vor Kurzem ein kaum beschädigter, 129 Jahre alter Schonerkahn samt dreier noch intakter Masten, den die Forscher auf dem Grund des Sees entdeckten: die „Ironton“.
Der Schoner war 1894 während einer Abschleppaktion mit einem anderen Schiff kollidiert. In jener stürmischen Septembernacht wurde die „Ironton“ von einem Dampfschiff über den See gezogen. Als dessen Motor ausfiel, brachte ein starker Südwind den Schoner vom Kurs ab und trieb ihn direkt in die – mit rund 1.000 Tonnen Mehl beladene – „Ohio“. Der Getreidefrachter, dessen Wrackteile bereits 2017 geortet worden waren, sank sofort, hatte aber zum Glück keine Todesopfer zu beklagen. Auch die „Ironton“ ging relativ schnell unter. Die Besatzung schaffte es zwar noch ins Rettungsboot, konnte aber die Leine zum Schoner nicht mehr lösen. Fünf der sieben Besatzungsmitglieder wurden mit der „Ironton“ in die Tiefe des Sees gezogen.
Am 15. April 1912 sank die RMS „Titanic“ gegen 2.20 Uhr auf den Grund des Nordatlantik, wo sie 73 Jahre lang ungestört ruhte. 1985 entdeckte eine französisch-amerikanische Gemeinschaftsexpedition unter der Leitung des Ozeanographen Robert Ballard das in zwei Teile zerbrochene Wrack. Es lag rund 23 Seemeilen von der Stelle entfernt, von der das Schiff einst sein Notsignal gesendet hatte. Ein mit einer Kamera ausgestatteter Roboter tauchte rund 3.800 Meter tief und fotografierte die massiven Kessel und den Bug des Schiffes.
1986 drang ein Tauchboot mit Besatzung zur „Titanic“ vor und machte weitere Aufnahmen. Die darauf abgebildeten eindringlichen Alltagsgegenstände, wie die Badewanne des Kapitäns Edward Smith, fesselten die Menschen rund um die Welt. Eine Expedition 1987 brachte 1.800 Gegenstände aus dem Wrack an Land. 1996 scheiterte ein Versuch zumindest einen Teil des Schiffes zu heben. Da mehr als 1.500 Menschen auf der „Titanic“ gestorben waren, wurde diese Aktionen aber auch als „Grabräuberei“ kritisiert.
1995 machte der kanadische Filmregisseur James Cameron zwölf Tauchgänge zum Wrack und verwendete viele der Aufnahmen für seinen Kinoerfolg aus dem Jahr 1997. Expeditionen seither haben gezeigt, dass das Wrack mittlerweile noch weiter zerfallen und von sogenannten Rostzapfen übersät ist. Das Badezimmer von Kapitän Smith ist zum Beispiel inzwischen komplett verschwunden. 2020 kündigten die britische und die US-amerikanische Regierung an, dass sie die Wrackteile fortan strenger schützen würden.
Neues Filmmaterial in 8K-Bildauflösung der Expeditionsfirma OceanGate Expeditions zeigt das Wrack der „Titanic“ in einer beispiellosen Detailgenauigkeit und Farbe. Bei einer Mission im Jahr 2022 wurden der Bug des Schiffes, der Anker, ein Teil des Rumpfs, die Ankerkette und weitere Trümmer in höchster Qualität aufgenommen. Der Clip zeigt auch einen der Kessel (der 1985 entscheidend für die Identifizierung des Wracks war), der auf den Meeresboden sank, als die „Titanic“ in zwei Teile zerbrach.
Die SS „Baron Gautsch“ galt ihrerzeit als ein „wunderschönes Schiff“ und war der Stolz der Passagierflotte der österreichisch-ungarischen Reederei Österreichischer Lloyd. Benannt nach einem ehemaligen österreichischen Ministerpräsidenten lief der Luxus-Raddampfer 1908 vom Stapel und war in Triest an der Adria stationiert. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, begann die Marine Schiffe für den Transport von Truppen und Flüchtlingen zwischen Triest und Kotor zu beschlagnahmen.
Am 12. August 1914 war die „Baron Gautsch“ auf dem Rückweg von Kotor. An Bord befanden sich mehr als 300 Männer, Frauen und Kinder, die aus dem Urlaub zurückkamen. Durch ein Versehen fuhr das Schiff in ein Minenfeld und löste dort eine Explosion aus. Es sank innerhalb von Minuten. 127 Passagiere starben. Das Wrack wurde 1958 in der nördlichen Adria entdeckt und ist mittlerweile ein beliebtes Tauchziel. Allerdings befindet es sich in einem sehr schlechten Zustand, was die Erforschungsmöglichkeiten stark einschränkt.
Im Jahr 1914 brach der britische Polarforscher Ernest Shackleton auf der „Endurance“ zu einer Expedition auf, die erstmals die Antarktis durchqueren sollte. Doch das Schiff strandete am Rand der nördlichen Antarktis im Packeis des Weddelmeers und sank 1915 schließlich. Die Besatzung entkam mit kleinen Booten und wurde gerettet, aber die „Endurance“ blieb mehr als 100 Jahre verschollen. Erst im März 2022 konnte der britische Falklands Maritime Heritage Trust das Schiff schließlich ausfindig machen – ausgerechnet am 100. Jahrestag von Shackletons Beerdigung.
Die Forschenden hatten mit sich ständig veränderndem Meereis, Schneestürmen und Temperaturen von bis zu minus 18 Grad zu kämpfen. Doch sie haben geschafft, was viele für unmöglich hielten. Die eisigen Temperaturen und der niedrige Sauerstoffgehalt des Wassers haben das Wrack bestens konserviert. Der fünfzackige Polarstern, der Name des Schiffs und sogar die einzelnen Speichen des Steuerrads sind erstaunlicherweise noch alle vorhanden.
Das 1911 in Hamburg gebaute Dampfschiff „Umbria“ war für rund 2.000 Passagiere und 9.000 Tonnen Fracht ausgelegt. Sie verkehrte regelmäßig zwischen Europa und Argentinien, transportierte auf dem Hinweg Passagiere und auf dem Rückweg Rohstoffe. 1935 wurde sie an die italienische Regierung verkauft und zum Truppenschiff umgerüstet, um Soldaten in die italienischen Kolonien Ostafrikas und später in den Nahen Osten zu bringen.
Obwohl Italien zu dem Zeitpunkt noch nicht in den Zweiten Weltkrieg eingetreten war, transportierte die „Umbria“ im Juni 1940 Bomben, Lastwagen und andere Kriegsgüter nach Port Said für das in Ostafrika stationierte italienische Heer. Ihr auf den Fersen folgte das britische Kriegsschiff HMS „Grimsby“. Als der Kapitän der „Umbria“ über das Radio hörte, dass Italien offiziell in den Krieg eingetreten war, wollte er verhindern, dass seine Fracht in britische Hände fiel. Er ließ sein Schiff sofort evakuieren und versenkte es.
Das Wrack liegt heute vor der sudanischen Küste im Roten Meer und ist bei Tauchern beliebt. Noch immer können Munition, Fahrzeuge und tonnenweise Stromkabel im Wrack besichtigt werden. Da die Ladung hochexplosiv ist, sind die Tauchgänge aber sehr gefährlich.
In den frühen 1950er-Jahren ging der berühmte Unterwasserforscher Jacques Cousteau im Roten Meer auf Tauchgang. Er hatte gehört, dass dort ein Schiffswrack lag, und mit der Hilfe einiger örtlicher Fischer gelang es ihm es zu finden. Cousteau sah, dass das Wrack noch voll mit Kriegsgerätschaften, Fahrzeugen und Waffen beladen war und holte ein Motorrad, den Safe und die Schiffsglocke heraus, um sie an Land zu bringen. Was Cousteau entdeckt hatte, waren die Überreste des Dampfers „Thistlegorn“.
Die „Thistlegorn“ wurde 1940 im englischen Sunderland gebaut und war ein bewaffnetes Frachtschiff. Sie holte Stahl und Flugzeugteile aus den USA, Getreide aus Argentinien und Rum von den Westindischen Inseln. Im Juni 1941 lud sie Motorräder, Waffen, Panzerfahrzeuge und Lokomotiven an Bord und stach gen Alexandria in Ägypten in See. Doch am 6. Oktober nahmen deutsche Flugzeuge den Frachter im Roten Meer ins Visier und bombardierten ihn nahe des ägyptischen Orts Ras Muhammad.
Die meisten Besatzungsmitglieder konnten sich retten, doch neun starben beim Untergang. Als sich Sharm el Sheik in den 1990er-Jahren zu einem Touristenort mauserte, wurde aus dem Wrack ein beliebtes Erkundungsziel für Taucher. Die Tatsache, dass große Teile der Ladung noch auf dem Schiff liegen, macht Besuche dort faszinierend – das Wrack gilt als einer der besten Tauchplätze der Welt.
Die Karolinen sind eine Gruppe kleiner Inseln im Pazifischen Ozean, nördlich von Neuguinea. Auf einer von ihnen, dem Truk-Atoll, war die kaiserliche japanische Flotte während des Zweiten Weltkriegs stationiert. Am 18. Februar 1944 lagen die Schiffe im Hafen vor Anker, als die US-Luftwaffe sie in der sogenannten „Operation Hailstone“ (Operation Hagel) angriff. Viele wurden versenkt.
Eines der getroffenen Schiffe war der Frachter „Fujikawa Maru“, der 1938 vom Stapel gelaufen war. In Friedenszeiten hatte er Rohseide und Baumwolle sowie luxuriös untergebrachte Passagiere von Südamerika nach Indien gefahren. Im Zweiten Weltkriegs wurde die „Fujikawa Maru“ beschlagnahmt und mit Kanonen an Bug und Heck ausgestattet.
Seine Größe und die vielen verstreuten Objekte drumherum machen das Wrack bei Tauchern beliebt. Zu sehen sind etwa Gasmasken, Flaschen, Messinglampen und Reisschüsseln. Zudem ist aus dem Schiff ein Paradies für wunderschöne Korallen und andere Meeresbewohner geworden. Die gespenstisch anmutenden Kabinen, Motoren und Geschütze erinnern an die schreckliche Nacht vor fast 80 Jahren.
Benannt wurde dieser Frachter nach einem Mann, der eine Behandlung gegen die Dekompressionskrankheit fand. Die „Doc Poulson“ wurde zunächst in Japan zum Verlegen von Kabeln eingesetzt, dann 1981 in der Nähe von Grand Cayman gezielt versenkt, um ein künstliches Riff und einen Tauchplatz zu schaffen. Heute wachsen auf dem Frachter-Wrack Korallen und viele Meeresbewohner finden hier Unterschlupf, etwa der Riesenzackenbarsch und die Große Fechterschnecke.
Das Schiff fuhr mit seiner Ladung zum Hafen Dschidda in Saudi-Arabien und danach weiter nach Jemen. Es war ein sonniger, ruhiger Tag und der Frachter setzte Kurs durch die Adria, das Mittelmeer und den Suezkanal. Doch als die „Giannis D“ im Roten Meer ankam, fuhr sie bei Shaʽb Abu Nuħas auf versteckte Klippen. Die Besatzung verließ das Schiff, bevor es unterging. Das Wrack zerbrach in drei Teile und ist heute ein beliebtes Tauchziel.
Die 1962 in den Niederlanden gebaute „Eagle“ wurde als Frachtschiff eingesetzt. Sie wechselte mehrmals ihren Besitzer und kam 1974 in Haifa, Israel, und in Jahren darauf auf den Cayman-Inseln zum Einsatz. 1984 transportierte sie Zeitungen und Kartonagen zwischen Miami und Venezuela hin und her.
1985 brach auf dem Weg nach Venezuela ein Kabelbrand auf der „Eagle“ aus und sie wurde zum Totalschaden erklärt. Das Schiff dockte in Miami an und man beschloss, es zu versenken, um ein künstliches Riff zu schaffen. Nach einer Tiefenreinigung schleppte man den Frachter ins Meeresschutzgebiet der Florida Keys, wo es am Alligator Reef zum Untergang gebracht wurde. Hier bietet er nun einen Zufluchtsort für Zackenbarsche, Aale und Haie sowie perfekte Tauchmöglichkeiten.
1994 wurde die „Kittiwake“ außer Dienst gestellt, aber eine Aufgabe galt es für sie noch zu erfüllen. Das Schiff ging als Geschenk an die Regierung der Cayman Islands, um als künstliches Riff zu dienen. Alle Waffen und potenziellen Gefahrenstoffe wurde ausgebaut und entfernt. Dann wurde die „Kittiwake“ versenkt, um einen Unterschlupf für Meeresbewohner und ein Trainingsgelände für Taucher zu schaffen.
1992 wurde die „Pasewalk“ an Malta verkauft und unter dem Namen „P31“ von den maltesischen Behörden als Patrouillenboot bei Grenzkontrollen und gegen Schmuggler eingesetzt. Sie rettete 251 Migranten das Leben, deren Boot vor der Südküste Maltas gesunken war. 2004 wurde sie ausgemustert und von der maltesischen Tourismusbehörde erworben, die sie säuberte und versenkte, um ein künstliches Riff und eine Tauchattraktion zu schaffen.
Entdecken Sie jetzt diese spektakulären Bilder der legendären Titanic